Die zwei Gesichter der Zerstörung

Raphael Lemkins UN-Genozidkonvention und die Vertreibung der Deutschen
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ISBN-13:
9783428189052
Veröffentl:
2023
Erscheinungsdatum:
31.08.2023
Seiten:
181
Autor:
Manfred Kittel
Gewicht:
331 g
Format:
233x159x20 mm
Sprache:
Deutsch
Beschreibung:

Manfred Kittel worked at the Institute of Contemporary History in Munich after his studies. In 2009, he became the founding director of the Federal Foundation »Flight, Expulsion, Reconciliation« in Berlin. Since 2015, he has been conducting research on contemporary historical topics, initially at the German Historical Museum and later at the Federal Archives. He teaches Modern History in Regensburg. Among his most important publications are studies on the history of democracy in Germany and France before 1933/36, on »coming to terms with the past« in Japan and the Federal Republic of Germany after 1945, and especially on the history and culture of memory related to flight and expulsion. His most recent work focuses on the politics of »compensation« starting from 1952.
Für den Vater der UN-Völkermordkonvention von 1948, Raphael Lemkin, ist auch die Vertreibung der Deutschen eine genozidale »Zerstörung nationaler Gruppen als solcher«. Bei dem Beitritt zur UN-Konvention 1954 schließt sich der Deutsche Bundestag Lemkins Sicht an. Mit wachsender erinnerungskultureller Bedeutung des Holocausts wird Völkermord zeitweilig mit »Ausrottung« und Judenvernichtung gleichgesetzt. Doch wie die Studie ebenfalls zeigt, hat der Begriff sich im Zuge der boomenden Kolonialismus-Bewältigung nun erneut geweitet.
Unschärfen des Völkermordbegriffs in der deutschen Erinnerungskultur

Entstehung und Geist der UN-Genozidkonvention von 1948

Raphael Lemkins Distanz zum Ausrottungsbegriff des Nürnberger Militärgerichtshofs

Lemkins Prägung durch den defizitären Minderheitenschutz der Völkerbundszeit

Vertreibung als Zerstörung einer »Gruppe als solcher«

Die Rolle Lemkins beim Konventionsbeitritt der Bundesrepublik 1954

Bundestagskonsens 1954: Völkermord als »Zerstörung«, nicht »Ausrottung« einer Gruppe

Konventionsbeitritt ohne Konsequenzen: Verzicht auf die systematische Ermittlung von Vertreibungsverbrechen

Folgen von Verjährungsdebatten und Ostverträgen

Zunehmende Gleichsetzung von Völkermord und Holocaust und Randposition der Vertreibung in der neuen Genozidforschung seit den 1980er Jahren

Rechtsradikale Instrumentalisierungen und linke Verengungen des Genoziddiskurses

Zwischen sachlicher Kritik und moralpolitischer Zensur: Lemkins Genozidverständnis und die Genozidforscher

Die »ethnischen Säuberungen« auf dem Balkan nach 1991 und der breite Begriff des Völkermords in der deutschen und internationalen Rechtsprechung

Kolonialhistorischer Wandel des Genozidbegriffs und Anerkennung des Völkermordes an den Herero 2021

Zur Frage der subjektiven und objektiven Komponente des Genozidtatbestands bei der Vertreibung der Deutschen

Jüngste Völkermorddebatten um Polen und die Ukraine

Resümee: Ethnische Vertreibungen als Zerstörungsgenozid
Raphael Lemkin, der polnisch-jüdische Vater der UN-Völkermordkonvention von 1948, sah auch in der Vertreibung von 14 Millionen Deutschen am Ende des Zweiten Weltkrieges einen Genozid. Dieser begann für ihn nicht erst bei der physischen »Ausrottung« ganzer Völker, sondern bedeutete »Zerstörung nationaler Gruppen als solcher« in ihrer sozialen Existenz. Der Deutsche Bundestag schloss sich 1954 beim Beitritt zur UN-Konvention von der CDU bis zur SPD Lemkins breitem Genozidbegriff an.

Mit wachsender Bedeutung des Holocausts in der Erinnerungskultur wurden später in Deutschland Völkermord und Judenvernichtung zeitweilig gleichgesetzt. Der Boom der Kolonialismus-Bewältigung führte jedoch erneut zu einem Begriffswandel. 2021 erkannte die Bundesregierung den Genozid an den Herero im früheren Deutsch-Südwestafrika an. Im vergleichenden Blick auf »ethnische Säuberungen« bis hin zu Putins Krieg gegen die ukrainische Nation heute diskutiert das Buch die »zwei Gesichter« des Genozids zwischen Ausrottung und Zerstörung.

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