Facetten 2021

Literarisches Jahrbuch der Stadt Linz
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Gewicht:
500 g
Format:
226x141x24 mm
Beschreibung:

Klein, ErichErich Klein: geboren 1961 in Altenburg/N.Ö., Publizist und Übersetzer, lebt in Wien. Regelmäßige Beiträge in ORF - Ö1, Falter, Die Furche. Publikationen: "Graue Donau, Schwarzes Meer" (2008, mit C. Reder), "Die Russen in Wien - die Befreiung Österreichs" (1995/2015), "F. Kurrent - Drei Deka Germ" (2020, Hrsg., mit A. Kurz und O. Veichtlbauer), "Chaldej - Fotograf der Befreiung" (2021, Hrsg., mit M. Patka). Übersetzungen aus dem Russischen u.a. von A. Pjatigorskij, D. Prigow, O. Sedakowa, Z. Prilepin und B. Chersonskij.
Leisch, PeterPeter Leisch wurde 1957 in Linz geboren und ist promovierter Philosoph. Seine Tätigkeit im städtischen Kulturbereich begann er 1985 als Bibliothekar im Stadtarchiv, seit 1991 betreute er den Fachbereich "Kulturwissenschaften" an der Linzer Volkshochschule. Des weiteren als Koordinator und Redakteur tätig.

Meller, SonjaSonja Meller: geboren 1971 in Salzburg, Studium der Bildenden Kunst an der Kunstuniversität Linz und New Genres am San Francisco Art Institute. Realisierung zahlreicher Projekte im In- und Ausland darunter Installationen, ortsbezogene Interventionen, Kunst im öffentlichen Raum sowie Arbeiten mit Schwerpunkt Klangkunst. Diverse Auszeichnungen, Stipendien und Preise.
Literatur ist vor Überraschungen nicht gefeit. Jüngst noch wurde vielerorts von Corona-Tagebüchern und Corona-Romanen gesprochen, von kreativen Impulsen, die der Ausnahmezustand möglicherweise auslösen könne. Kunst macht das Leben schön, doch sie geht nicht in ihm auf und ohnedies kam alles ganz anders: Impfgegner wurden zur Partei, von den übrigen Kuriositäten, die gegen Ende dieses Jahres zu Tage traten, ganz zu schweigen. Auf vermaledeite Fragen dieser Art zu reagieren, hat Literatur nur eine Möglichkeit: Scherz, Satire und Ironie.
In einem kleinen Meisterwerk unter den achtunddreißig Beiträgen der FACETTEN 2021 begibt sich die Autorin Dominika Meindl in ihrem dreiundvierzigsten Lebensjahr, wie es feierlich augenzwinkernd heißt, nach Linz ans "Ufer unseres lieben österreichischen Mainstreams" und erlebt Überraschendes: "Impfgegnerinnen in Bio-Linnnen, toxische junge Männer mit kahlrasierten Schädeln, grauhaarige Freikirchler, Bodybuilder mit "Fridays for Hubraum"-Shirts, irgendwo stand Gottfried Küssel, mein Gott, im Zweiten Weltkrieg gab es Extremismus von beiden Seiten, wer sind wir, über damalige Zeiten zu urteilen! Alle meine Mitmenschen trugen ihre Stammestracht mit Stolz, und ich fühlte mich wie Karl May, der hier nun zum Bruder Scharlih der Apachen werden durfte." Ob sich aus dieser Gegenwart tiefere Bedeutung für die Zukunft ableiten lässt, wird ohnehin den Lesern überlassen. "Auch ich bin schöpferisch - ich schöpfe Verdacht", lautet eine alte Maxime. Sollte also diese Krise, wie es die schlüpfrige, viel zu oft missbrauchte Floskel nahelegt, nicht auch eine Chance darstellen? Warum nicht eine Partei der Leserinnen und Leser gründen?!
Diversität ist in den FACETTEN 2021 garantiert: die nur auf den ersten Blick harmlos wirkende Metaphorik der Gedichte von Renate Silberer stiftet bei genauem Lesen gehörige Verwirrung; der Dialekt im Lydia Haiders rabiatem Text lässt uns Hören und Sehen vergehen; das unablässige lyrische Sprechen eines Wilhelm Rager oder die Einebnung zwischen Kunst und Literatur, an die Christian Steinbacher in seinem "Dossier" zum 2020 verstorbenen bildenden Künstler und Autor M.Rutt (Günther Haidinger) erinnert, stellen nur einige der vertretenen ästhetischen Positionen dar. Traditionelle Erzählungen stehen neben dem abenteuerlichen Versuch eines Hans Bednar, seine Reise in den Sudan Mitte der 1970er Jahre unter dem bezeichnenden Titel "Ich bin also im Gepäcksnetz gestorben" in Griff zu bekommen. Der umfangreiche Text der Historikerin und Anthropologin Ortrun Veichtlbauer begibt sich auf die Suche nach einer neuen, hybriden Form des Schreibens zwischen Literatur und Geschichte. "ST. P. Eine Mikrogeschichte" rollt in einer vielschichtigen und quellengesättigten Rekonstruktion des Lebens ihres Großvaters ein Stück "kalter" Zeitgeschichte auf. "Mein Innviertler Opa Anton sprach zu uns Kindern kaum über den Großen Krieg seiner Jugend (...) von all dem sollte ich erst später hören, als ich erwachsen war." Der Erste Weltkrieg, die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts", wird bis heute europaweit durch Kriegerdenkmäler memoriert, zugleich aber durch die Katastrophengeschichte des Zweiten Weltkriegs überdeckt. Bekanntlich reicht unsere persönliche Erinnerung kaum über zwei Genrationen hinaus. Veichtlbauer beschreibt die Härte des Alltags im Innviertel zu Jahrhundertbeginn, die Bedeutung von Burschenschaften und Katholizismus, schließlich den Weg über die Schlachtfelder Osteuropa und des Balkans bis zur Rückkehr in die Heimat. Am Ende steht eine Frage, die an den Anfang erinnert: "Und wie geht es weiter? In Österreich herrschte 1918 Hunger."

(Erich Klein, Vorwort)

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