Menschenfalle Moskau. Exil und stalinistische Verfolgung

Exil und stalinistische Verfolgung
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Ein fragwürdiger Titel schließlich gewährte die Sowjetunion unzähligen deutschen Emigranten Zuflucht Die Menschenfalle steht dem NS-Menschenmassengrab gegenüber Diesen Unterschied gilt es zu beachten Unbestritten ist jedoch daß in den 30er Jahren von Stalins Geheimdienst NKWD eine konterrevolutionär terroristisch-trotzkistische Organisation konstruiert wurde Man rechnete ihr auch 70 deutsche Emigranten zu Oppositionelle wie linietreue KPD-Funktionäre gerieten in das Visier der Parteiinstanzen wurden denunziert und mißhandelt Neuerschlossene Dokumente aus Moskauer Archiven enthüllen die Funktionsweise während dieser unrühmlichen Epoche Gb

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Am 5. März 1933 traf sich in der Moskauer Wohnung von Elsa und Hermann Taubenberger ein Kreis von KPD-Mitgliedern, von denen sich einige bereits aus der Zeit der Münchner Räterepublik kannten. Der Ingenieur Taubenberger verfügte über ein privates Radio und man verfolgte und diskutierte gemeinsam die Ergebnisse der Reichtagswahl in Deutschland. Nach einer parteiamtlichen Untersuchung gerieten 1935 mehrere Teilnehmer dieser Wahlnacht aufgrund einer Denunziation ins Visier des stalinistischen Geheimdienstes. Eine vom NKWD angefertigte Übersicht listete 70 Personen oder »Verbindungen« auf, die seit 1936 nach dem Prinzip der Kontaktschuld als Teilnehmer der sogenannten »konterrevolutionären, trotzkistisch-terroristischen Organisation« um Erich Wollenberg und Max Hoelz verhaftet, gefoltert, in den Gulag geschickt oder in Moskau erschossen wurden.

Reinhard Müller hat in jahrelangen Recherchen, insbesondere in Moskauer und Berliner Archiven, das Schicksal dieser Menschen, die im Exil in die »Menschenfalle« gerieten, anhand der Moskauer »Kaderakten« und der Untersuchungsakten des NKWD rekonstruiert. Zu den prominentesten Opfern gehörten die Witwe des im Konzentrationslager Oranienburg ermordeten Dichters Erich Mühsam, die Brecht-Schauspielerin Carola Neher und Werner Hirsch, der frühere Chefredakteur der »Roten Fahne«.

Der disziplinierte Kader hatte im Moskauer Exil seine bedingungslose Treue in den Beichtritualen der Selbstkritik durch das Geständnis seiner früheren Parteisünden zu beweisen. Die archivierten Lebensläufe bildeten neben Denunziationen die Grundlage für »Dossiers« und Listen von »schlechten Elementen«, die von der Kaderabteilung der Kommunistischen Internationale an das NKWD weitergereicht wurden. Auch Herbert Wehner lieferte 1937 sowohl für die KPD wie für das NKWD bereitwillig Meldungen über Zenzl Mühsam, Erich Wollenberg und andere Emigranten. Permanente Überwachung, wechselseitige Bespitzelung und traumatische Angst gehörten zum Alltag der Moskauer »Politemigranten«, von denen 1938 bereits 70 Prozent verhaftet worden waren.

Erich Wollenberg wurde als erster aus der Partei ausgeschlossen und flüchtete 1934 nach Prag. Max Hoelz, der »proletarische Robin Hood«, beging die »Todsünde«, Kontakt mit der deutschen Botschaft in Moskau aufzunehmen, und kam bald darauf in der Nähe von Nishni Nowgorod ums Leben. Zenzl Mühsam, seit vielen Jahren mit Wollenberg befreundet, stand schon seit ihrer Prager Exilzeit, ebenso wie Carola Neher, unter Verdacht. Die Aussicht auf die Veröffentlichung des Nachlasses von Erich Mühsam hatte sie nach Moskau gelockt. Trotz heftiger internationaler Proteste wurde sie im Laufe der folgenden 20 Jahre dreimal verhaftet und verbannt, bis sie 1955 in die DDR ausreisen konnte. Hier wurde sie von der SED »betreut« und von der Stasi überwacht.

Reinhard Müller beschreibt anhand der Schicksale einzelner Politemigranten und des Falls der konstruierten »Wollenberg-Hoelz-Verschwörung« die Strukturen des stalinistischen Terrors und die Funktionsweise der verflochtenen Verfolgungsbürokratien von NKWD, Kommunistischer Internationale und KPD.



Zum Autor:

Reinhard Müller, geboren 1944, studierte Geschichte, Germanistik und Soziologie. Seit 1991 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger Institut für Sozialforschung.

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