Eine ausführliche durch die jetzt zugänglichen Beschlußprotokolle der Politbürositzungen gesicherte Studie des politischen Machtzentrums der Sowjetunion Anhand dieser Quellen untersucht der Mitarbeiter am russischen Staatsarchiv die Frage wie es Stalin gelingen konnte das Politbüro quasi zu seinem Instrument umzuwandeln und somit seine faktische Entmachtung zu erreichen Chlewnjuk beschäftigt sich eingehend mit gesellschaftlichen Umbrüchen der 30er Jahre in der UdSSR und den sich widerspiegelnden Veränderung in der Führungsstruktur der KPdSU Gb
Das Machtzentrum der Sowjetunion der dreißiger Jahre
"Das Politbüro" ist eine ausführliche, durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse gesicherte Studie des politischen Machtzentrums der Sowjetunion vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Umbrüche der dreißiger Jahre und des Konflikts mit dem Alleinherrschaftsanspruch Stalins
Das Politbüro der Kommunistischen Partei der Sowjetunion war in den zwanziger Jahren das politische Machtzentrum des Landes. Da die Moskauer Archive jedoch bis 1991 weitgehend verschlossen waren, konnten weder die Kompetenzen noch die Arbeitsweise des Politbüros analysiert werden. Der international anerkannte russische Historiker Oleg Chlewnjuk konnte für seine Studie über die politische Macht in der UdSSR der dreißiger Jahre jedoch zahlreiche Originaldokumente aus dem Präsidialarchivs und anderer Moskauer Geheimarchive nutzen.
Seine hier erstmals auf deutsch vorliegende Untersuchung zeichnet sehr genau nach, wie das Politbüro als kollektives Führungsorgan durch Stanlins Alleinherrschaft abgelöst wurde. Anhand der Beschlußprotokolle der Politbürositzungen beschreibt und analysiert Chlewnjuk diesen Prozeß der Instrumentalisierung und schließlichen Entmachtung des Politbüros durch den Diktator in den dreißiger Jahren. Er setzt dabei die Veränderungen in den politischen Führungsstrukturen in Zusammenhang mit den wichtigsten gesellschaftlichen Veränderungen und Umbrüchen, beschreibt Säuberungskampagnen, Massenterror und den Widerstand dagegen, verfolgt den Aufstieg neuer Führungskräfte in Partei und Staat. Zugleich werden Willkür, Zufall, Sympathie und Antipathie in ihrer Rolle als zentrale Mechanismen der politischen Entscheidung und der Manifestation politischer Alleinherrschaft deutlich.
Die Verantwortung für den von der sowjetischen Führung initiierten Terror muß demnach in größerem Maße als gemeinhin angenommen Stalin selbst zugeschrieben werden. Stalin, von Chlewnjuk als grausamer und zynischer, doch pragmatischer Führer charakterisiert, "war nicht nur das Symbol, sondern das Zentrum eines spezifischen sozialen und ökonomischen Systems... Chlewnjuks 'Politbüro' ist eine der besten wissenschaftlichen Studien, die über das politische Leben der Sowjetunion in den dreißiger Jahren geschrieben wurden." (Markus Wehner, FAZ)
Dr. Oleg Chlewnjuk, geb. 1959, ist einer der bedeutensten Vertreter einer neuen Generation von russischen Historikern. Er studierte Geschichtswissenschaften und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Staatsarchiv der Russischen Föderation (Moskau). Bereits 1992 veröffentlichte er in Moskau sein Buch "Das Jahr 1937. Stalin, NKWD und die sowjetische Gesellschaft" und 1993 "Stalin und Ordshonikidse". "Das Politbüro" ist sein drittes Buch zur sowjetischen Geschichte der dreißiger Jahre.
"Wer die Geschichte der Opfer, die Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges, die Herausbildung des Sowjetsystems oder die Voraussetzungen des Kalten Krieges verstehen will, kann an diesem Buch nicht vorbeigehen."
(Das Parlament, Hans-Heinrich Nolte)