Selbstauskunft des Autors:Ende Dezember 1932 rutschte ich in einer Dachkammer in Leipzig in die Weimarer Republik. Mutter erzählte später, das Wasser in der Blechschüssel war gefroren. Dann, 1938, ein Sommertag, das Kind eingezwängt in jubelnder Menge. Jemand hob mich hoch: In einem großen schwarzen Auto stand ein Mann im braunen Hemd, er winkte mir zu. So einen Mercedes Benz 770 K wollte ich auch haben. Vier Jahre später, als Pimpf, bekam ich nur das Hemd. Vor Weihnachten 1943 entging ich nachts knapp einer Luftmine. Familien mit Kindern wurden dann aufs Land verschickt. Im Dorf Wernitzgrün im paradiesischen Vogtland wurden auch wir Zwölfjährigen Ende 1944 an der neuen Wunderwaffe Panzerschreck ausgebildet, um die anrollenden Amerikaner aufzuhalten. Als das nicht gelang, vergrub Mutter das Hemd im Mai an einer Birke. Sie holte es wieder heraus, färbte es schwarz, neue Knöpfe dran: »So, jetzt biste entnazifiziert.«Auch im Frieden brauchst du Geld. In der Leipziger Boxstaffel Anger-Reudnitz bekam ich pro öffentlichen Kampf (ohne Hemd) 50 Mark Spesen. Ein rundlicher Besucher aus Hamburg sagte, an mir sehe man den Hunger der Zone. Trotzdem wurde ich Reporter, Drehbuchschreiber in Babelsberg und Adlershof, Romanautor.

Ein Mann versteht seine Stadt nicht mehr. Friedlich war es früher, das Leben bescheiden, doch sicher. Berlin heute, ein taumelnder Hotspot, wo nicht mal dem eigenen Sohn zu trauen ist. lm Kneipenqualm rotieren Resignation und Wut, auch über eine Tragödie im Fußball. Eine junge Frau, schräg auf der Piste nach ein bisschen Glück. Und wild genug, dass sie Menschenrechte einfordert: eine Wohnung. Ein ägyptischer Anwalt mit einer Nachricht, die einen Vater an den Rand des Abgrunds treibt.Unverschämt freizügig, beißend humorig benennt der Autor Gert Billing in seinem neuen Roman auch Konflikte, die öffentlich vertuscht werden. Scheinbar nebenher wird eine Auskunft erteilt, nach der wir alle hungern: Gibt es ein Jenseits oder nicht?